Erfolg und Selbstwirksamkeit – Alumnus Andreas Streubig über eigene Wege und Karriereentscheidungen

Andreas Streubig, OTTO Group

Ein bisschen Support und ein bisschen die Zähne zusammenbeißen. So hat sich KLU-Alumnus Andreas Streubig (International Summer School SCM 2012) seinen Traum erfüllt. Der gestandene Manager bei Hugo Boss betritt Neuland und hat sich berufsbegleitend zum Coach und Organisationsentwickler ausbilden lassen. Wir haben mit ihm über klassische und neue Karrierewege, über die Sinnfrage und die Kraft der Vielen gesprochen.

Nach fast 30 Jahren Beruf in großen Konzernen erfindest Du Dich neu und baust Dir ein zweites Standbein als Professional Coach und Organisationsentwickler auf. Wie kam es dazu?

In rund 20 Jahren bei der Otto Group in Hamburg und gut vier Jahren bei der Hugo Boss AG bin ich, auch in meiner Rolle als Führungskraft, immer wieder auf Dinge gestoßen, die die Wirksamkeit eines Teams oder einer Person limitieren. So habe ich angefangen, mich mit der Frage zu beschäftigen, was es braucht, damit Organisationen und Prozessbeteiligte gut und wirksam miteinander zusammenarbeiten. Um diese Erfahrungen wirksam einsetzen und weitergeben zu können, habe ich mich zum Coach ausbilden lassen.

Du stehst kurz vor dem Abschluss dieser Ausbildung zum Coach. Hat Dich etwas besonders positiv beeindruckt?

Wir sind in der Ausbildung acht Menschen aus allen Ecken des beruflichen Universums, von jünger bis älter, angestellt bis Freiberufler – ein spannender Schmelztiegel. Das gute Miteinander macht mindestens die Hälfte des Lernerfolgs aus.

Welchen Herausforderungen bist Du begegnet?

Eine solche Weiterbildung ist intensiv. Zunächst mal ist es eine Herausforderung, Weiterbildung und Beruf miteinander zu vereinbaren. Ich arbeite weiterhin in Vollzeit auf einer Topmanagement-Position bei Hugo Boss und pendele zwischen Süd- und Norddeutschland – das begrenzt die verfügbare Zeit. Abgesehen davon: Man muss sich mit seiner Persönlichkeit auseinandersetzen und kommt sich dabei hier und da auch selbst auf die Schliche.

Wie hat Du es geschafft, eine verantwortungsvolle Tätigkeit und die berufsbegleitende Ausbildung unter einen Hut zu bekommen?

Das ist kein Spaziergang. Es geht nur mit der Bereitschaft, große Teile der Freizeit dafür einzusetzen. Natürlich hatte ich auch Unterstützung, für die ich sehr dankbar bin. Ganz vorneweg ist das HUGO BOSS, denn das Unternehmen hat natürlich Interesse daran, dass sich Beschäftigte auch persönlich weiterentwickeln. Außerdem habe ich die Option auf zusätzlichen Bildungsurlaub genutzt. Das Rezept könnte also lauten: Ein bisschen Support und ein bisschen die Zähne zusammenbeißen.

Du hast Dir einen Traum erfüllt und arbeitest inzwischen nebenberuflich als Coach. Wer kann alles zu Dir kommen?

Na ja, ehrlicherweise fange ich ja gerade erst an. Mit der Kombination aus meiner Berufserfahrung und dem neugewonnenen Wissen um Coaching, Tools und Verfahren helfe ich Einzelpersonen und Teams, ihre Rolle im Unternehmen besser auszugestalten und dadurch mehr Wirkung für sich und das Unternehmen zu erzielen. Es geht hierbei am Ende auch um Selbstwirksamkeit, die ein wesentlicher Faktor für persönliche Zufriedenheit und Lebensglück ist.

Welchen Bereich verantwortest Du bei Hugo Boss?

Als Senior Vice President Global Corporate Responsibility & Public Affairs bin ich zum einen verantwortlich für Unternehmensverantwortung, Corporate Citizenship und Charity. Zentrale Fragen sind dabei: Wie können wir als Unternehmen Wertschöpfung im Einklang mit Umwelt und Gesellschaft kreieren? Und wie bewegen wir uns als Unternehmen eben auch „als guter Bürger“ in der Gesellschaft, die uns umgibt? In dem zweiten Bereich Public Affairs geht es um Prozesse der gesellschaftlichen und politischen Meinungs- und Entscheidungsbildung zu allen für uns als Unternehmen relevanten Themen.

Wie profitiert Deine Tätigkeit bei Hugo Boss von dem, was Du in der Ausbildung zum Coach gelernt hast?

Erstens: Wenn ich weiß, wer ich bin und was ich kann, bin ich auch als Führungskraft produktiv und belastbar. Zweitens: Es gibt diesen etwas überstrapazierten und zu stark vereinfachenden Claim von der Führungskraft als Coach, dem ich eher kritisch gegenüberstehe. Aber bestimmte Coachingskills und -techniken sind in der Arbeit mit Teammitgliedern hilfreich. Und drittens: Wenn es zu Konfliktsituationen kommt, hilft zusätzliches Handwerkszeug für Lösungen abseits ausgetretener Pfade.

Du hast damals einen guten Tipp bekommen. Welchen Tipp würdest Du heute Leuten geben, die sich beruflich verändern möchten?

Ich habe im Rahmen der Coaching-Ausbildung einige junge Leute getroffen, die ein sehr gut trainiertes Ohr nach innen haben und sich die richtigen Fragen stellen: Hat das, wonach ich strebe, das Potenzial, mich glücklich zu machen? Was zählt wirklich für mich, für meine Zufriedenheit?

Andererseits gibt es viele junge und auch ältere Leute, die diesen persönlichen Erkenntnisprozess noch nicht durchlaufen haben. Und die würde ich gern dazu ermuntern. Die Karrierewege sind heute oft flexibler als früher. Nutzen wir das!

Du bist ein aktiver Netzwerker. Das merken wir an der KLU im Alumni-Netzwerk auch noch knapp zehn Jahre nach Deiner Teilnahme an der Summer School. Wie wichtig sind Netzwerke für die Karriere?

Ich bin ein großer Fan der sprichwörtlichen Kraft der Vielen. Insofern würde ich jeden, der die Chance hat, in Gruppen oder eben Netzwerken zu lernen, zu arbeiten, zu lachen und zu streiten, genau dazu ermutigen. Darin liegt eine große Chance.

Gibt es etwas, das Du noch mit uns teilen möchtest?

Wir müssen akzeptieren, dass nicht alles im Leben planbar ist. Es ist völlig okay, dass man mal unsicher ist oder gar von der Bahn abkommt. Dann hat der Wind vielleicht zu stark oder unvorhergesehen von der Seite geblasen. Ich plädiere dafür, sich für solche Fälle eine gewisse Resilienz zu bewahren, die uns hilft mit solchen unvorhergesehenen Entwicklungen umzugehen. Beim nächsten Mal weiß man dann, wie es besser geht.