Hamburger Hafen: Wenn Smart und Green Hand in Hand gehen

Port of Hamburg

Elektronischer Datenaustausch, verbesserte Schiffsverfolgung und automatische Kransysteme haben den Hamburger Hafen bereits in einen hocheffizienten Betrieb verwandelt. Nun sollen Digitalisierung und intelligente Technologien den Hafen „smart“ machen.

„Im weltweiten Vergleich mischt Hamburg durchaus vorn mit“, sagt Michele Acciaro, Professor für Maritime Logistik und Direktor des Hapag-Lloyd Center for Shipping and Global Logistics (CSGL) an der Kühne Logistics University (KLU) in der HafenCity Hamburg. Aber: „Wir brauchen deutlich mehr Technologien im Hafen, die auf künstliche Intelligenz (KI), Cloud Computing oder Smart Contracts, Big Data oder das Internet of Things (IoT) setzen.“ Dies könnte die Automatisierung von Terminalprozessen und Hafenmanövern erleichtern. Ein Beispiel ist das Tanken von Treibstoff oder Wasser. Menschliche Fehler werden vermieden, Zeit gespart und die Effizienz gesteigert.

Ökologischer Fußabdruck wird Wettbewerbskriterium

Doch Effizienz ist nicht alles im globalen Wettbewerb. Der ökologische Fußabdruck eines Hafens wird in Zukunft ebenso ganz klar zum Wettbewerbskriterium, prognostiziert Acciaro. Und hier könnten dezentral arbeitende Distributed-Ledger-Technologien wie z. B. Blockchain ins Spiel kommen. So könnte ein Produkt sowie der CO2-Verbrauch für jeden Produktionsschritt und jeden Transportweg getrackt werden. Eine derart transparente Lieferkette ermöglicht dem Verbraucher eine nachhaltige Produktwahl und bevorzugt so nachhaltig wirtschaftende Häfen. Noch ist dies allerdings Zukunftsmusik.

„Auch ein möglicher Ausbau erneuerbarer Energien im Hafenbetrieb kann von der Digitalisierung profitieren“, sagt Acciaro. Denkbar sei hierfür ein virtuelles Kraftwerk im Hafen, welches dezentrale Standorte zur Stromerzeugung miteinander vernetzt. Dies erfordere wiederum ein intelligentes Stromnetz. Ein solches „Smart Grid“ kombiniert Erzeugung, Speicherung und Verbrauch und greift dafür auf Technologien wie Sensoren, Big Data und KI zurück. Leistungsschwankungen durch fluktuierende erneuerbare Energien werden intelligent ausgeglichen.

„Green Deal“ der EU gibt Richtung vor

Die Herausforderung für den Hamburger Hafen ist also, nicht nur „smart“, sondern auch „green“ zu sein. Mit dem „Green Deal“ der Europäischen Union ist die Richtung ohnehin klar: 2050 soll Europa klimaneutral sein. Hamburg hat das Potenzial voranzugehen. „Die Stadt hat eine überschaubare Größe, ist eine der reichsten Städte in einem der reichsten Länder der Welt“, betont Acciaro. Das erfordert jedoch mehr Denken jenseits der gewohnten Pfade, mehr systemische Betrachtung und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Wenn der Hafen so CO2-neutral wird und die Umwelt sauberer und wenn die Menschen sich in ihrer Stadt wohler fühlen, dann gehen „smart“ und „green“ Hand in Hand.

Den Hafen zum Labor machen

Acciaro betont: „Bahnbrechende Technologien befinden sich überall noch in einem experimentellen Stadium. Dennoch sollten wir damit beginnen, sie auszuprobieren und den Hafen als Labor nutzen". Andere Häfen haben es vorgemacht: Los Angeles arbeitet seit 2011 an dem ehrgeizigen Ziel, Teile des Hafens annähernd emissionsfrei zu bewirtschaften. Und Singapur entwickelte 2019 im Rahmen einer langfristigen Partnerschaft mit dem Technologieanbieter Wärtsilä einen autonomen Schlepper (Projekt IntelliTug). Aufmerksamkeit verdient auch Antwerpen mit seiner „Capital of Things“-Initiative. Auf Basis des „Internet of Things“ starteten 2018 die ersten smarten Hafenprojekte. Mit an Bord sind neben der Hafenbehörde auch die Stadt, die Universität und ein renommiertes Forschungszentrum. Dies sei durchaus ein Erfolgsrezept, fasst Acciaro zusammen. „Alle großen Häfen haben starke Partnerschaften entwickelt. Sicherlich könnte Hamburg noch mehr von seiner unternehmerischen und Forschungsexzellenz profitieren.“

Über das Hapag-Lloyd Center for Shipping and Global Logistics (CSGL)
Das Hapag-Lloyd Center for Shipping and Global Logistics (CSGL) stärkt   den   Austausch   zwischen   internationaler   Forschung und Unternehmen aus der Schifffahrt. Ziel des Forschungszentrums ist, zur Entwicklung Hamburgs als internationale maritime Wissensdrehscheibe beizutragen. Das Forschungszentrum  mit  dem  Schwerpunkt  maritime Logistik gehört zur Kühne Logistics University, Hamburg.

(Dieser Text wurde im Port of Hamburg Magazine #1/2020 erstveröffentlicht: Download und Blätterversion.)