Musikbranche vor Herausforderungen? Deutsche hören weniger Musik als vor Corona

Young woman relaxes on couch while listening to music

Wie hat die COVID-19 Pandemie den Musikkonsum der Deutschen beeinflusst? Die aktuelle Studie von Janis Denk (Universität Hamburg, UHH), Prof. Alexa Burmester (KLU), Dr. Michael Kandziora (UHH) und Prof. Dr. Michel Clement (UHH) untersucht die Auswirkungen der Pandemie auf den Musikkonsum und die Ausgaben für Musik in Deutschland. Überraschende Erkenntnis: Nicht nur der Konsum von Live-Musik ist in der Pandemie praktisch auf null zurückgegangem, auch in den heimischen vier Wänden hörten die Deutschen 2020/21 rund drei Stunden weniger Musik als vor Beginn der Pandemie. Vor allem Radio verlor Zuhörer, profitiert hat dagegen das sog. „Premium-Streaming“. Die wöchentlichen Ausgaben für Musik gingen drastisch um fast die Hälfte zurück. Gleichzeitig zeigen sich die Konsument*innen bereit, auch für Live-Musik im Online-Format Geld auszugeben.

Deutsche hören weniger Musik als vor der Pandemie

Die Pressemitteilung zum Download in Englisch oder Deutsch.

Corona hat den Alltag der Deutschen stark verändert. In Bezug auf Musik fielen zum Beispiel Live-Events über Monate hinweg aus, viele arbeiteten im Home Office und hörten kaum noch Radio oder Musik auf dem Weg zur Arbeit. „Überraschenderweise scheinen die meisten Deutschen den verpassten Konsum aber nicht zuhause nachzuholen“, erklärt Alexa Burmester, Assistant Professorin für Angewandte Quantitative Methoden an der Kühne Logistics University. „Ganz im Gegenteil: im Winter 2020/21 hörten die Befragten im Schnitt nur noch 19 Stunden Musik pro Woche – ganze drei Stunden weniger als zu Beginn der Pandemie.“ Mögliche Gründe: Musikhören ist offenbar für viele stark mit Mobilität verknüpft – zum Beispiel mit dem Weg zur Arbeit, zum Beispiel das Radiohören im Auto. Dazu kommt die starke Unterhaltungs-Konkurrenz durch Social-Media-Angebote oder zum Beispiel Video-Streaming in den heimischen vier Wänden. Allein der Konsum von Radio ging etwa von rund 10,5 auf acht Stunden pro Woche zurück.

Streaming profitiert – neue Formate denkbar

Einzig erkennbarer Profiteur: Anbieter von Premium-Streaming. Hier steigerte sich der wöchentliche Konsum auf etwas über zwei Stunden. „Der Trend zur Digitalisierung der Musikbranche ging auch während der Pandemie ungebrochen weiter“, sagt Prof. Burmester. „Die Einnahmen durch Abos erwiesen sich als stabile Einnahmequelle. In Zukunft könnte es dazu kommen, dass die Anbieter – ähnlich wie im Bereich Videostreaming – die Abopreise erhöhen, um ihre Einnahmen zu steigern.“

Auch für den Bereich Live-Musik, der die stärksten Einbußen zu verzeichnen hatte, könnten sich durch die Digitalisierung neue Einnahmequellen erschließen. Rund ein Drittel der Befragten hat bereits Live-Musik-Auftritte online verfolgt und wäre bereit, dafür auch zu zahlen – laut Befragung im Schnitt sieben Euro. „Auch wenn die Einnahmen bisher nicht ausreichend sind um die Verluste zu kompensieren, könnte die Branche hier zum Beispiel durch Hybrid-Formate neue Zielgruppen und Einnahmen erschließen“, sagt Prof. Burmester.

Weitere Informationen

Für die Studie wurden rund 3.300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zwischen 2018/19 bis 2020/21 im Halbjahres-Rhythmus online befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die deutsche Gesamtbevölkerung. Um zu erfassen, welchen Effekt die Auswirkungen der Pandemie auf den Musikkonsum der Befragten haben, wurden die Antworten aller Teilnehmer*innen (rd. 600) herangezogen, die an allen Befragungsrunden teilgenommen hatten.

Publication: Denk J., Burmester A., Kandziora M., Clement M. (2022): The impact of COVID-19 on music consumption and music spending. PLOS ONE 17(5): e0267640. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0267640