"Wir brauchen einen Preis für Kohlenstoff" – Vortrag mit Jean Tirole an der KLU

Prof. Jean Tirole gives a speech

Wie können wir dem Klimawandel wirksam, nachhaltig und sozialverträglich begegnen? In einem öffentlichen Vortrag gab der Wirtschaftsnobelpreisträger Prof. Jean Tirole Antworten aus ökonomischer Sicht. Seine Botschaft: Es gibt Lösungen - und wir müssen beginnen, sie umzusetzen. Mehr als 300 Besucherinnen und Besucher kamen zur Veranstaltung auf dem Campus der Kühne Logistics University.

Die Veranstaltung fand im Vorfeld der diesjährigen KLU-Abschlussfeier statt, die am 14. September abgehalten wurde. "Ihr Abschluss bringt Verantwortung mit sich", wandte sich Prof. Tirole zu Beginn der Veranstaltung direkt an die anwesenden Absolventen. "Helfen Sie uns, die Rationalität in den Diskurs zurückzubringen – Sie sind der Schlüssel zur Lösung unserer größten Herausforderungen, wie der Umweltkrise. Seien Sie also mutig und seien Sie kühn", sagte er.

Der Klimawandel sei eine tickende Zeitbombe, erklärte er zu Beginn seines öffentlichen Vortrags. Ein paar Jahre der Untätigkeit machten sich zunächst kaum bemerkbar – "aber 30 Jahre schon. Es besteht jetzt absolute Dringlichkeit, da es bei der Dekarbonisierung und bei der grünen Forschung und Entwicklung leider zu großen Verzögerungen gekommen ist", erklärte er. Positiv sei, dass es bei bestimmten Technologien wie der Wind- und Solarenergie Fortschritte gegeben habe und die Notwendigkeit von Maßnahmen inzwischen von der Mehrheit der Bürger*innen und Unternehmen akzeptiert werde.

Globaler Preis für Kohlenstoff als effektives Werkzeug

Nach Ansicht von Tirole ist die Einführung eines Kohlenstoffpreises absolut notwendig. "Wir brauchen etwas Einfaches, das uns hilft, unsere Entscheidungen zu treffen", erklärt er. "Ein Kohlenstoffpreis wird die richtigen Anreize für die Dekarbonisierung schaffen und grüne Forschung und Entwicklung fördern." Soll ein Kunde Tomaten aus Hamburg kaufen, die möglicherweise in einem Gewächshaus gewachsen sind, oder solche, die aus Spanien importiert und über eine lange Strecke transportiert wurden? Welche Entscheidung ist die "grüne"? "Ich habe selbst keine Ahnung", sagt Tirole. "Aber wenn wir einen Kohlenstoffpreis hätten, wäre er bereits im Preis der Tomaten enthalten. Die Entscheidung wäre dann sehr einfach." Natürlich wäre eine Kompensation genauso wichtig wie der Preis, denn steigende Kosten treffen vor allem die Menschen, die weniger Geld haben.

 

Soziale Verantwortung als Schlüssel

Prof. Tirole betonte auch die Bedeutung der sozialen Verantwortung eines jeden Einzelnen. "Wir haben uns zu lange auf den Markt und auf die Regierung verlassen, die das Versagen des Marktes korrigieren. Wir brauchen soziale Verantwortung, um dieses doppelte Versagen in Umweltfragen zu korrigieren", sagte er. In diesen schwierigen Zeiten muss die Gesellschaft Druck auf die Regierungen ausüben, damit sie das Richtige in Bezug auf den Klimawandel tun. "Es reicht nicht aus, nur mit Experten zu reden. Wenn die Menschen nicht gebildet sind und keinen Zugang zu Fachwissen haben, dann können wir nicht erwarten, dass Wirtschaft und Gesellschaft gut funktionieren", sagte er.

 

Lösungen aus einer ganzheitlichen und multidisziplinären Perspektive

Die Veranstaltung wurde vom KLU Research Center for Sustainable Logistics & Supply Chains (CSLS) und dem Kühne Center for Sustainable Trade and Logistics an der Universität Zürich organisiert. "Wir befinden uns in einer Zeit außerordentlicher sozialer und ökologischer Veränderungen. Um Herausforderungen wie dem Klimawandel wirksam zu begegnen, müssen wir nach Lösungen aus einer ganzheitlichen und multidisziplinären Perspektive suchen", sagte Johannes Meuer, Associate Professor Sustainability Strategy and Operations und Co-Direktor des CSLS. "Am CSLS der KLU haben wir eine solche Perspektive eingenommen und arbeiten eng mit der Industrie und der Zivilgesellschaft in translationalen Forschungsprojekten zusammen, um effektive Lösungen zu finden. Jean Tiroles Arbeit über die politische Ökonomie des Klimawandels nimmt ebenfalls eine solche Perspektive ein, indem er die Probleme und Herausforderungen unserer derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Systeme aufzeigt, aber auch Lösungen anbietet, die sich auf die Wirtschaftstheorie stützen. Es ist uns eine Ehre und eine große Freude, diese Veranstaltung gemeinsam mit unseren Kollegen vom Kühne Center for Sustainable Trade and Logistics zu organisieren." 

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