Die smarte Zukunft des Einzelhandels

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Die Digitalisierung zwingt den Einzelhandel zum Umdenken. Der "Smart Urban Retail Day" präsentierte neue Ansätze und erprobte Konzepte aus Handel, Technologie, Logistik und Stadtplanung. Die Tagung am 9. Oktober 2019 stellte gleich zu Beginn zwei Fragen. Welche Rolle spielt das Ladengeschäft in einer Omnichannel-Welt? Und: „Circular Cities“ – Vor welchen Herausforderungen stehen Stadt und Einzelhandel?

Die durchschnittlichen Ausgaben je Onlineshopper steigen und immer mehr Ältere entdecken das Einkaufen von der Couch. Gleichzeitig schreitet das Ladensterbens weiter voran.

Omnichannel setzt auf Shopping-Erlebnis

Lösungen verspricht der Omnichannel-Handel, bei dem der stationäre, mobile und elektronische Handel miteinander verschmelzen. Das kann z.B. die Verwendung des Smartphones beim Bummel in einer Ladenpassage sein. „Omnichannel ist die smarte Antwort für den stationären Einzelhandel“, fasst André Ludwig zusammen, Professor für Computer Science in Logistics an der Kühne Logistics University und Organisator der Tagung. „Kunden suchen beim Einkaufen nicht nur bestimmte Produkte, sondern auch Entspannung, Spaß und Interaktivität. Erfolgreiche Einzelhändler kreieren daher Abenteuer- und Erlebniswelten, kombinieren gekonnt Produkte mit Dienstleistungen und setzen auf digital vernetzte Touchpoints im Einkaufsprozess.“

Surfen im Kaufhaus und virtuelle Shops

Eine virtuelle Wohnwelt präsentierten Tchibo und der IT-Dienstleister Salt Solutions beim Smart Urban Retail Day. Kunden sehen Produkte mit der Mixed-Reality-Brille „Microsoft HoloLens“ oder einer Virtual-Reality-Brille realitätsnah im Einsatz statt nur im Geschäft. Der Dienstleister Arvato stellte seinen Ship-from-Store-Service vor. Stationäre Geschäfte dienen hierbei als kleine Lager für Online-Bestellungen. Den Trend zum Showroom als Instrument der Kundenbindung zeichnete Prof. Santiago Gallino von der Wharton School (University of Pennsylvania) nach.  Experimentierfreudig zeigt sich auch das Sportkaufhaus L&T in Osnabrück, das mit einer Surfwelle im Atrium Wassersportler und damit potentielle Kunden ins Haus lockt. Und der britische Einzelhandelsriese Tesco kreierte virtuelle Shops in U-Bahnstationen für Pendler in Südkorea. Leuchttafeln präsentieren Drogerieprodukte, die über QR-Codes mit dem Smartphone bestellt werden können.

Projekt SURTRADE entwickelt digitale Infrastruktur

„Für die Wiederbelebung der Innenstädte braucht es mehr als ein paar solcher Pioniere“, betont André Ludwig. Das von ihm koordinierte Forschungsprojekts SURTRADE (Smart Urban Retail Services) zielt daher auf digitale Lösungen für den Einzelhandel wie z. B. eine urbane Retail-Service-Plattform mit offenen Schnittstellen für Handel, Zusteller und Kunden. Letztere könnten sich über eine Smartphone-App beispielsweise mit Echtzeit-Informationen zur Lieferung ihres Produkts in eine Filiale versorgen, beim Bummeln auf Rabattaktionen in der Nähe aufmerksam werden oder den nächsten Wickelraum finden.

Zu Fuß durch die „Circular City“

Um die Zukunft der Stadt ging es Dr. Gereon Uerz, Innovationsmanager im Beratungsunternehmen Arup. Neben Gemeinschaft seien hier Nachhaltigkeit und Erreichbarkeit die Stichworte. Wie wäre es mit autofreiem Bummeln auf dem Trafalgar Square oder unter den Linden? Stattdessen seien Innenstädte zugeparkt und Kunden wie Lieferanten kämpften sich mit durchschnittlich 17 Kilometern pro Stunde auf der „letzten Meile“ durch Berlin, so Uerz. Weniger Autos hingegen führten zu höherer Aufenthaltsqualität und voraussichtlich mehr Umsatz. Fußläufig erreichbare Innenstädte sollten als wirtschaftliche Infrastruktur angesehen werden, die Arbeitsplätze schafft und in die entsprechend investiert werden müsse, forderte Uerz. Er gab zudem Einblicke in das Konzept der Kreislaufstadt oder „Circular City“. Regenerative Energien und geschlossene Stoffkreisläufe mit den Phasen Produktion, Nutzung und Wiederverwertung sind wichtige Bausteine der vernetzten Smart City der Zukunft.

Die Tagung fand im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekts SURTRADE (Smart Urban Retail Services) statt. Partner sind Universität Leipzig, HHL Leipzig Graduate School of Management, Tchibo, SALT Solutions und Checkmobile.

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