Worauf wir uns freuen: gemeinsam lernen, lachen, feiern

Two young woman hugging each other

Studieren ist mehr als Büffeln – es ist oft auch eine neue Stadt, neue Leute, zusammen ausgehen, sich zusammen engagieren. Was macht Corona mit dem studentischen Lebensgefühl? Wir haben uns darüber mit KLU-Studierendensprecherin Magdalena Bürk und dem Studiendekan Professor Christian Barrot unterhalten.

I. Die Lehre: Lernen in der Coronakrise

Die KLU hat im März 2020 aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie auf Onlinelehre umgestellt. Die Information erreichte die Studierenden am Ende der Prüfungsphase. Hat Sie und Ihre Kommiliton*innen das kalt erwischt?

Magdalena Bürk: Nein, wir hatten damit gerechnet. Ich weiß noch ganz genau, wie wir nach unserer letzten Klausur in der Student Lounge diskutiert haben: „Gehen wir heute noch in eine Bar? Nee, keine gute Idee.“ Das war das letzte Mal, dass wir uns gesehen haben und dann kam die Mail, dass es nach dem Wochenende online weitergeht. Wir waren alle richtig aufgeregt in unserer ersten Zoom-Session. Wir haben die ganze Zeit gelacht, weil es schräg war, sich im Video zu sehen und weil es natürlich auch Pannen gab. Zum Beispiel, wenn jemand den Bildschirm teilen wollte und stattdessen das Meeting beendet hat.

Warum wurde der Wechsel so kurzfristig an die Studierenden kommuniziert?

Christian Barrot: Wir wollten die Klausuren zum Abschuss des akademischen Semesters, das bei uns „Quarter“ heißt, noch ganz normal durchziehen. Da sind sowieso alle nervös und brauchen nicht noch mehr Aufregung.

Wie war die Umstellung innerhalb weniger Tage möglich?

Christian Barrot: Die Umstellung selbst ist übers Wochenende erfolgt, aber natürlich hatten wir vorgeplant. Bereits im Februar haben wir die Planung zur Online-Lehre angefangen und u.a. Zoom-Lizenzen gekauft, Zugänge für alle Nutzer*innen erstellt und Manuals erstellt.

Eine ganz neue Situation – Was daran war für die Studierenden besonders schwierig?

Magdalena Bürk: Es war der soziale Aspekt, der uns Angst gemacht hat. Wir wussten, dass wir uns erst nach den Semesterferien im September wiedersehen.

Christian Barrot: Bei den Bachelor-Studierenden war eine sehr große Verunsicherung spürbar. Wahrscheinlich ist die Coronakrise für viele der erste bedrohliche Einschnitt im Leben. Mir war wichtig, dass wir da persönlichen Zuspruch geben. Zusätzlich zur Lehre haben wir daher alle Klassen zu sogenannten „Town Hall Meetings“ zum Austausch eingeladen.

Was hat aus Sicht der Studierenden bei der Umstellung gut geklappt?

Magdalena Bürk: Der online-Unterricht hat gut geklappt. Aber anfangs fiel es uns schwer, aktiv am Online-Unterricht teilzunehmen. Sehr hilfreich waren und sind da Kleinigkeiten wie Catch-up-Fragen am Anfang der Vorlesung, Onlinetools wir Kahoot-Quizzes und Mentimeter-Umfragen oder die Regel „Video an“. Die Art der Profs mit uns in Kontakt zu bleiben, motiviert auch total. Mit Bedarfsabfragen zu Pausen, Feedback-Sessions etc. gehen sie viel auf uns ein. Und sie haben auch Verständnis gezeigt, wenn wir mal einen kleinen Hänger hatten.

Es gab im Herbst eine kurze Hybrid-Phase. Studierende konnten entweder auf dem Campus oder digital an der Lehre teilnehmen. Jetzt befinden wir uns in einer Art Online-Regelbetrieb. Wie sieht ein typischer Tag aus, wenn Sie Vorlesungen haben?

Magdalena Bürk: Um ehrlich zu sein, beginnt der Tag gerade meistens um 8:15 Uhr, eine Viertelstunde vor der Vorlesung. Aufstehen, Gesicht waschen, Kaffee machen und ab an Laptop. In der ersten Pause mache ich mir ein Frühstück, dann geht die Vorlesung weiter. Mittags gehe ich gern spazieren. Wenn der Nachmittag vorlesungsfrei ist, gehe ich direkt ins Büro für meinen Werkstudentenjob. Für Vorlesungen bin ich dann wieder zu Hause bei mir. Also, der Alltag ist ziemlich einseitig, würde ich sagen.

Christian Barrot: Der Begriff Online-Regelbetrieb passt für die KLU eigentlich nicht. Wenn man das ganze Jahr 2020 betrachtet, waren wir im ersten Quartal durchgehend „on Campus“, dann kam ab März die Online-Lehre. Das dritte Quartal ab September war mehr oder weniger komplett „on Campus“ und das vierte in Teilen. An anderen Hochschulen war das Semester im Februar 2020 zu Ende und seitdem haben die Studierenden ihre Uni nicht mehr von innen gesehen.

Was waren rückblickend die Meilensteine im Umgang mit Corona?

Christian Barrot: Möglich machen, was geht und zwar stufenweise – das war für uns die Prämisse. Im ersten Schritt ging es um Schadensbegrenzung: Wir wollten sicherstellen, dass alle ihre Prüfungen machen können und dass niemand ein Semester verliert. Dafür sind wir im März 2020 online gegangen. Im Herbst haben wir mit großem finanziellen, technischen und organisatorischen Einsatz den Campus wieder geöffnet. Das war richtig! Denn gerade für Studienanfänger*innen ist das Leben auf dem Campus ganz entscheidend. Es geht dabei auch um diesen großen mentalen Sprung von der Schule an die Uni.

Wir haben das hingekriegt, ebenso wie die Graduierung vor Ort und erstmals als Livestream. Das fand ich schon eine ziemlich coole Sache, dass wir den Studierenden einen feierlichen Abschluss bieten konnten und nicht nur eine E-Mail mit dem Zeugnis.

Dann gingen die Fallzahlen wieder rauf und wir haben auf einen eingeschränkten Betrieb umgestellt. Jede Klasse, jede Kohorte, jeder Jahrgang hatte einmal pro Woche eine Veranstaltung auf dem Campus. Mein Argument war immer: Sonst verlieren sie den Gruppenzusammenhalt und lieber sollen sie sich auf dem Campus mit Hygienekonzept, Coronatracern und guter Lüftung treffen als irgendwo heimlich privat in zu engen Wohnungen.

Weihnachten war klar, dass das erste Quartal wieder online stattfinden muss. Was war anders im Vergleich zu März 2020?

Christian Barrot: Wir haben gesagt, okay, dann müssen wir jetzt die nächste Stufe zünden. Ein Jahr nach dem ersten Online-Semester darf nichts mehr Ruckeln. Denn das Niveau, was Begeisterung auslöst, steigt. Beim KLU Innovators Day gab es z.B. Live-Berichte von Logistik-Startups aus Nord- und Südamerika, Afrika, Asien und Europa. Ich hatte vor Kurzem auch einen spannenden Speaker aus New York im Kurs, der sich online zugeschaltet hat. Solche Online-Elemente bringen diesen Wow-Faktor rein und das passt zu unserem Anspruch. Denn wir wollen ja auch online richtig gute Lehre machen.

Magdalena Bürk: Ja, der Online-Unterricht wird immer besser. Ich habe Anfang des Jahres 2021 einen Riesenunterschied zum ersten Online-Semester 2020 gemerkt. Ich würde daher auch nicht sagen, dass ich weniger Wissen erworben habe als es in Präsenz an der Uni der Fall gewesen wäre.

II. Lebensgefühl: Studentenleben mit Corona

Studieren ist mehr als Büffeln – es ist oft auch eine neue Stadt, neue Leute, zusammen ausgehen, sich zusammen engagieren. Was macht Corona mit dem studentischen Lebensgefühl?

Magdalena Bürk: Das klassische Studentenleben haben wir gerade nicht. Ich sehe niemanden aus meiner Uni und mein Jahrgang hatte im Februar/März ein richtiges Tief: schlechtes Wetter, Praktikumsplätze waren schwer zu finden, es kam einfach alles zusammen. Alle haben sich beschwert, wie anders es gerade ist zu studieren. Wir sind Corona-müde. Aber, wir sagen uns auch immer wieder: Alle sind in dieser Situation, ob es der Einzelhandel ist, der Kindergarten oder die Uni. Viele von uns haben dieses Tief überwunden. Wir haben gelernt, kleine Dinge wertzuschätzen: Spaziergänge zu zweit, kleine Nachrichten von Freunden und solche Dingen.

Christian Barrot: Wenn es um Inhalte im Studium geht … das kriegt man alles hin. Die Studierenden machen hier auch keinen abgespeckten Not-Bachelor, sondern einen vollwertigen Abschluss mit einem sehr hohen Niveau. Aber das Studium ist die Zeit, in der man Freundschaften entwickelt, Partner findet, ein neues Land kennenlernt. Ist das jetzt lebensnotwendig? Nein, kann man sagen. Davon stirbt keiner. Aber es trifft einen. Und deshalb ist unser Ziel, im Herbst wieder aufzumachen, um diese Kontakte und Erfahrungen wieder zu ermöglichen.

Wie haltet ihr den Kontakt zueinander außerhalb der Lehrveranstaltungen?

Magdalena Bürk: Wir sind durchgängig über Instagram, WhatsApp, Snapchat, Facetime-Anrufe in Kontakt. Als Studentensprecherin schreibe ich oft in unserer WhatsApp-Gruppe: Durchhalten! Die anderen sagen mir immer wieder, wie traurig es ist, dass wir uns nicht sehen. Durch die Online-Vorlesungen in der Coronazeit habe ich aber auch viele neue Kontakte geknüpft. Du warst im Breakout-Room (Anm. d. Redaktion: extra Online-Raum für Arbeit in kleiner Gruppe) mit Kommilitoninnen, wo du dachtest, hey, auf dem Campus wäre ich nie mit dir zusammen Kaffeetrinken gegangen. Aber die Gruppenarbeit musste zusammen erledigt werden. Das war super cool.

Wie hilft die Kühne Logistics University, Kontakt untereinander zu halten?

Magdalena Bürk: Die Hochschulleitung unterstützt demnächst auch studentische online-Freizeit-Events. Das könnte in Richtung von Pub-Quizzes oder so gehen. Ich denke, gerade für internationale Studierende könnte das spannend werden, um in Kontakt mit ihrem Jahrgang zu bleiben, falls sie im Herbst noch nicht nach Hamburg zurückkehren können.

Christian Barrot: Mein Ziel ist, dass wir im Sommer allen unseren Studierenden über unseren Betriebsarzt eine Impfung anbieten können als entscheidenden Schritt zurück zur Normalität. Es geht dabei nicht nur um Vorlesungen, sondern auch darum, dass man sich auch mal wieder die Hand geben oder in den Arm nehmen kann.

III. AUSBLICK

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn wieder ein normales Studieren möglich ist?

Christian Barrot: Einfach über den Flur laufen, eine Tür aufmachen, mal schnacken, hier eine Anekdote, da ein Witzchen. Da würde ich gerne wieder hinkommen.

Magdalena Bürk: Es geht um den Kontakt, draußen zu sitzen, gemeinsam zu lernen, zu lachen und zu feiern. Das ist einfach dieser KLU Family Spirit, den wir alle so lieben. Der muss wieder lebendig werden – mehr als nur jetzt in virtueller Form. Und ich glaube, das ist ein gutes Fazit, dass wir wieder eine Familie haben, die sich umarmen darf.

Vielen Dank.

 

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